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Regelungen zur Sterbehilfe
in Deutschland und Nachbarländern

 www.tagesschau.de

 

DEUTSCHLAND

passive Sterbehilfe ist zulässig, wenn eine Indikation besteht und eine Willensbekundung des Patienten vorliegt

indirekte Sterbehilfe ist zulässig, wenn eine Indikation besteht und eine Willensbekundung des Patienten vorliegt

aktive Sterbehilfe = "Tötung auf Verlangen" ist verboten und wird mit bis zu 5 Jahren Freiheitsentzug bestraft

Suizidbeihilfe durch Angehörige ist straffrei

Suizidbeihilfe durch Ärzte - so genannter ärztlich assistierter Suizid -  ist seit Februar 2020 erlaubt. In einigen Bundesländern wird  ärztliche Suizidbeihilfe jedoch durch das Berufsrecht der Ärzte noch unterbunden. Hier haben die Landesärztekammern derzeit noch unterschiedliche Regelungen. 

 

Aktive Maßnahmen, die zum Tod eines Patienten führen und gegen dessen (mutmaßlichen) Willen und/oder ohne dessen Einverständnis durchgeführt werden,  bezeichnet man als aktive Tötung und sind eine Straftat. Darunter fallen auch Tötungen aus Mitleid, wie sie u.a. von dem ehemaligen und wegen mehrfachen Mordes verurteilten Krankenpfleger Nils H. auf einer Intensivstation im Klinikum Delmenhorst praktiziert wurden.

 

 

BELGIEN

Im Gegensatz zu allen anderen europäischen Ländern ist nur in den Niederlanden, Luxemburg und Belgien die aktive Sterbehilfe unter strengen Auflagen und Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen straffrei. In Belgien darf sie nach gesetzlichen Bestimmungen unter drei Bedingungen und streng regulierter  Vorgehensweise erfolgen:

  • Der Patient muss volljährig (oder ein für mündig erklärter Minderjähriger) und zum Zeitpunkt der Bitte um Sterbehilfe handlungsfähig und bei Bewusstsein sein.

  • Die Bitte um Sterbehilfe muss freiwillig, überlegt und wiederholt formuliert worden und darf nicht durch Druck von außen zustande gekommen sein.

  • Der Patient muss sich in einer medizinisch aussichtslosen Lage befinden und sich auf eine anhaltende, unerträgliche körperliche oder psychische Qual berufen, die nicht gelindert werden kann und die Folge eines schlimmen und unheilbaren unfall- oder krankheitsbedingten Leidens ist.

 

Gesetzliche Vorschriften bei der Vorgehensweise:

  1. Der Arzt, der Sterbehilfe leistet, muss dies freiwillig tun. Kein Arzt kann dazu gezwungen werden. 

  2. Ausführliche Beratungen über den Zustand des Patienten und Konsultation eines zweiten unabhängigen Arztes

  3. Information und Aufklärung des Patienten zu den Möglichkeiten der Palliativmedizin

  4. Einhaltung einer mindestens einmonatigen Wartezeit zwischen  schriftlicher Anfrage des Patienten und der Leistung der Sterbehilfe

  5. Berichtvorlage des Arztes, der Sterbehilfe geleistet hat bei der Föderalen Kontroll- und Bewertungskommission bestehend aus acht Doktoren der Medizin, davon vier Professoren an einer belgischen Universität, vier Juristen und vier Personen „aus Kreisen, die mit der Problematik unheilbar erkrankter Patienten befasst sind“,

  6. Prüfung des Berichts durch die Kommission auf Einhaltung aller Rechtsvorschriften

 

SCHWEIZ

In der Schweiz ist die aktive Sterbehilfe verboten, aber die  Beihilfe zur Selbsttötung - seit 2018 auch die ärztlich assistierte - unter bestimmten Bedingungen  erlaubt. Nach Schweizer Gesetz und Rechtsprechung gilt für einen sterbewilligen Patienten, der Suizidhilfe in Anspruch nehmen will:

  • er muss urteilsfähig sein

  • er darf nicht aus dem Affekt handeln und muss in Kenntnis möglicher
 Alternativen sein

  • er muss einen dauerhaften Sterbewunsch hegen

  • er darf nicht von Dritten beeinflusst werden

  • er muss den Suizid eigenhändig ausführen

 

In der Schweiz spricht man von "Freitodbegleitung" die jährlich zunimmt, so dass es inzwischen sogar Wartelisten geben soll. Laut Angaben des Internetportals swissinfo.ch sollen die drei Sterbehilfe-Organisationen Exit,  Dignitas und Eternal Spirit im Jahre 2017 zusammen knapp 1.000 Menschen in den Freitod begleitet haben. Davon organisierte Exit allein 794 Freitode.  Dabei stützt sich Exit auf die ethisch-medizinischen Richtlinien des Senats der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SMAW), die im Mai 2018 in der Schweiz neu verabschiedet wurden. Darin heißt es u.a. dass es zu den ärztlichen Aufgaben gehöre, mit den Patienten über alle Aspekte  des Lebensendes zu sprechen und hierbei die Suizidhilfe nicht auszuklammern. Ärztliche Suizidhilfe dürfe jedoch nur geleistet werden, wenn für den Patienten ein subjektiv unerträgliches Leiden bestehe, die Hilfe rechtlich zulässig sei und auf Freiwilligkeit des Arztes beruhe.

NIEDERLANDE

In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe - die dort in ihrem eigentlichen Wortsinne nach als Euthanasie bezeichnet  wird - eigentlich verboten, aber sie darf unter bestimmten Voraussetzungen durch einen Arzt unter Einhaltung strengster Sorgfaltskriterien in besonders schweren Krankheitsfällen erfolgen. In den Haag wurde 2012  eigens dafür eine Klinik errichtet, die  "Levenseinde Kliniek"  - die  ursprünglich dem Zwecke diente, Ärzte dahingehend zu senibiliseren. Mittlerweile ist sie zu einer stark frequentierten letzten Anlauf- und Beratungstelle für schwerkranke austherapierte Patienten aber auch  für Ärzte selbst geworden, deren Patienten mit einem medizinisch indizierten Sterbewunsch an diese herantreten. Denn auch für das Gros niederländischer Ärzte ist die Durchführung aktiver Sterbehilfe schwer oder gar nicht mit dem Berufsethos vereinbar. Hinzu kommt die nicht ganz eindeutige Rechtslage und die strengen Vorgaben bei Bewilligungsverfahren und Durchführung. Hier möchte und darf sich kein Arzt Fehler erlauben, um alles richtig und sich nicht straffbar zu machen. So ist es für Ärzte, die einerseits zwar aktive Sterbehilfe befürworten, aber diese selbst  nicht durchführen wollen oder können, durchaus hilfreich, an die Sterbeklinik verweisen zu können.

 

 

Stark in die Kritik geraten ist die DenHaager Lebensendeklinik u.a. weil sie 2016 dem Todeswunsch einer Patientin mit fortgeschrittener semantischer Demenz entsprochen hat, die kurz nach deren Diagnosestellung - als die Patientin noch urteilsfähig war -  mehrfach auch gegenüber ihrem Hausarzt verlauten ließ, dass sie Sterbehilfe erhalten wolle, sobald sie mit ihrer Familie nicht mehr kommunizieren könne. Dies hatte sie auch frühzeitig und eindeutig in einer Patientenverfügung formuliert. Als es soweit war, wurden Stimmen der Empörung auch in Deutschland laut und beklagt, dass sich die Patientin kurz vor der Durchführung nicht mehr verständlich mitteilen konnte und somit nicht ermittelbar war, ob ihr Wunsch tatsächlich noch Bestand hatte. Nach Ansicht von Kritikern hätte aus diesem Grund keine Sterbehilfe erfolgen dürfen.  Der ORF hat 2017 eine Reportage über die Arbeit der Lebensendeklinik produziert, in der u.a. auch der Fall dieser Demenzpatientin und ihr Tod begleitet wurde. Eine Dokumentation, die höchst nachdenklich stimmt. Wer sich mit dem Thema auseinandersetzen und für sich Klarheit bekommen möchte, kann sich die 50 minütige Reportage u.a. HIER ansehen.

 

 

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