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Instrumente für die Patientenvertretung

​Wenn ein Patient krankheitsbedingt vorübergehend oder dauerhaft in den Zustand der Einwilligungsunfähigkeit gerät, hat der Gesetzgeber verschiedene Instrumente vorgesehen, um die Vertretung für den Patienten zu regeln. Mit diesen Instrumenten sichert man ab, dass im Zusammenhang mit einem Krankheitsfall, bei dem man kürzer oder länger Entscheidungen nicht selbst treffen und seine Angelegenheiten  selbst nicht regeln kann,  Partner oder Angehörige rechtlich dazu befugt werden, die administrative Fürsorge (nicht zu verwechseln mit der Fürsorge im pflegerischen Sinne) für einen selbst  zu übernehmen.

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1. Vollmachten

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Mit einer Vollmacht kann man einen oder mehrere Personen bevollmächtigen, sich in bestimmten Situationen und für bestimmte Bereiche  vertreten zu lassen. So wird eine Vollmacht z. B.  benötigt, wenn der Nachbar  ein Paket bei der Post für einen abholen soll. Eine Vollmacht ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Sie muss schriftlich verfasst sein und eindeutig erkennen lassen, für was genau oder welchen Bereich die Person bevollmächtigt werden soll. Und sie muss  den vollständigen Namen des Bevollmächtigten enthalten und selbstverständlich vom Vollmachtgeber bzw. beiden Parteien unterschrieben werden.

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Vollmachten für den ernsthaften Krankheitsfall

Vollmachten kommen auch zum Tragen und sichern den Lebensalltag ab, wenn jemand vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln; z. B. wenn jemand nach einem Unfall oder einer größeren Operation im Krankenhaus liegt und sich nicht mitteilen kann.  Wer glaubt und sich darauf verlässt, dass diese Dinge durch die Angehörigen  allein aufgrund der verwandtschaftlichen Verhältnisse oder den Ehepartner geregelt werden dürfen, der liegt falsch. Selbst die engsten Angehörigen müssen zuvor entweder vom Patienten bevollmächtigt oder aber offiziell vom Gericht einberufen worden sein, um den Patienten überhaupt vertreten zu dürfen oder auch  Auskünfte vom behandelnden Arzt wie auch von anderen Vertragsvertragspartnern (z. B. Krankenkasse) des Patienten zu erhalten. 

 

Die Vorsorgevollmacht

Da ein medizinischer Ernstfall mit Verlust der Einwilligungs- und Handlungsfähigkeit jeden Menschen jederzeit treffen kann und in solchen Fällen ein Vertreter erforderlich wird, kann einer gerichtlichen Betreuung vorgebeugt werden, in dem man  Vertrauenspersonen  mittels einer Vollmacht befugt,  die administrative Fürsorge zu übernehmen. Dafür ist das Instrument der Vorsorgevollmacht vorgesehen. Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmt man einen Bevollmächtigten oder auch Patientenvertreter und regelt in dieser dessen Entscheidungs- und Handlungsbefugnisse. Eine Vorsorgevollmacht deckt neben dem gesundheitlichen/medizinischen Vertretungsbereich auch andere Vertretungsbereiche  ab. Die Vertretungsbereiche in Vorlagen für Vorsorgevollmachten orientieren sich dabei an den Aufgabenkreisen, die auch Betreuungsgerichte im Fall einer gerichtlichen Betreuung vorsehen. Dazu gehören:

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  • Gesundheitssorge,

  • Aufenthalt  und Unterbringung,

  • Vermögens- und Immobilienverwaltung,

  • Miet- und Wohnungsangelegenheiten,

  • Post - und Fernmeldeverkehr,

  • Ämter und Behördenvertretung,

  • Vertretung im Rechtsverkehr sowie allgemeine Vertragsangelegenheiten.

 

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Für bestimmte Bereiche greift die Vorsorgevollmacht jedoch nicht. Hierzu zählen u.a. Kontobefugnis, Immobiliengeschäfte und Sorgerechtsregelungen. Für diese Bereiche müssen separate Vollmachten - z. T. sogar handschriftlich - verfasst werden. Hier ist der Gang zur Hausbank und  mitunter auch zum Anwalt oder Notar erforderlich. Weitere Informationen zur Vorsorgevollmacht und Abgrenzung zur Generalvollmacht  HIER

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Gesundheitsvollmacht/Medizinische Vollmacht

Der Gesundheitsbereich wird zwar in der Vorsorgevollmacht mit erfasst. Man kann für diesen Bereich aber auch eine separate Gesundheitsvollmacht aufsetzen, um mit dieser einen Bevollmächtigten/Vertreter  zu bestimmen, der ausschließlich in medizinischen Belangen entscheiden können und zuständig sein soll. Eine (separate) Gesundheitsvollmacht empfiehlt sich z. B. dann, wenn man eine Person ausschließlich für alle medizinischen und pflegerischen Vertretungsbelange bevollmächtigen möchte und für alle anderen Vertretungsbereiche entweder eine andere Person vorsieht oder mittels Betreuungsverfügung für diese Bereiche eine Überwachung des Vertreters durch das Betreuungsgericht wünscht. Im letzteren Fall braucht man dann keine Vorsorgevollmacht zu erstellen.

Wer eine Gesundheitsvollmacht erteilt und keine Patientenverfügung hat, muss eine Gesundheitsvollmacht sehr ausführlich erstellen. (siehe auch Inhalte einer Vorsorgevollmacht)

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Kontovollmacht

Personen, die nicht einwilligungs- oder handlungsfähig sind, benötigen auch einen Vertreter für Bankangelegenheiten, Kontoverwaltung bzw. die Abwicklung des Zahlungs- und Rechnungsverkehrs. Vorlagen für Vorsorgevollmachten beinhalten zwar  die Vermögensverwaltung.  Die meisten Banken akzeptieren die Vorsorgevollmacht jedoch nicht, was so gesehen auch ganz beruhigend ist. Denn immerhin geht es darum, das Bankvermögen des Vollmachtgebers in dessen Sinne zu verwalten, wenn er es selbst nicht kann. Dies setzt größtes Vertrauen voraus. Wer seine Vermögensverwaltung nicht mittels einer Betreuungsverügung regeln und einer Vertrauensperson vorsorglich für Vertretungsfälle eine Kontovollmacht erteilen möchte, sollte dies frühzeitig machen. Denn er muss zu diesem Zweck mit dieser Person seine Bank persönlich aufsuchen. Jede Bank hat dafür individuelle Vordrucke. Zukünftige Konto-Bevollmächtigte müssen sich zudem einer gesetzlich vorgeschriebenen Identitätsfeststellung durch die Bank unterziehen. Das gilt auch für Onlinebanken, die keine Servicestellen haben und eine Legitimationsprüfung  durchführen müssen.

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Sorgerechtsvorsorgevollmacht

Eltern, insbesondere unverheiratete Paare mit Kindern, sollten sich (gegenseitig) mit entsprechenden Vollmachten für den Ernstfall absichern. Für den Todesfall eines oder beider Elternteile gibt es gesetzliche Regelungen in Bezug auf das Sorgerecht minderjähriger Kinder. Aber der Gesetzgeber sieht noch keine klaren Regelungen vor, im Falle ein Elternteil oder beide zwar noch am Leben, jedoch nicht mehr - z. B. durch einen Unfall entscheidungs- oder geschäftsfähig  sind. Das Sorgerecht ist an die Eltern gebunden, es endet nur mit dem Tod des oder der Sorgeberechtigten und kann nicht einfach auf Dritte übertragen werden. Im Falle sich sogar beide Elternteile nicht mehr um die Kinder kümmern können, fällt nicht etwa das Sorgerecht automatisch in die Hände anderer Familienangehöriger, sondern unter Umständen in die des Jugendamts. Angehörige haben dann ohne eine Sorgerechtsvorsorgevollmacht kaum noch Einfluss auf das Erziehungs- und Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kinder. Sorgerechtsregelungen werden in gängigen Vorsorgevollmachten nicht erfasst. Diese muss separat handschriftlich aufgesetzt werden. Wenn neben dem Erziehungsrecht auch gleich die Vermögenssorge des/der Kinder bis zu deren Volljährigkeit geregelt werden soll, empfiehlt sich in jedem Fall der Gang zu einem Fachanwalt für Familienrecht.

Während bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht das Betreuungsgericht nicht eingeschaltet werden muss, wird für Sorgerechtsregelungen im Fall der Einwilligungsfähigkeit der Eltern grundsätzlich das Betreuungsgericht eingeschaltet.

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Projekt- oder Geschäftsvollmacht

Selbständige mit kleineren Unternehmen, Einzelunternehmer und Freiberufler sollten unbedingt auch an die geschäftliche Vorsorge denken und eine Vertrauensperson bevollmächtigen, im eigenen Krankheitsfall das Geschäfte oder bestimmte  Projekte weiter führen zu können. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass im schwerwiegenden Krankheitsfall  wichtige Geschäftsabschlüsse oder Projekte auf der Strecke bleiben oder nach einem längeren Krankenhausaufenthalt der Schreibtisch voller unbezahlter Rechnungen und Forderungen ist. Für den Bevollmächtigten oder auch Angehörige ist es auf jeden Fall  hilfreich, wenn eine Übersicht über die wichtigsten Geschäfts- und Kundenkontakte oder aktuellen Projekte  erstellt wird, damit Geschäftspartner, Kunden, Auftraggeber und auch der Steuerberater im ernsthaften oder langwierigen Krankheitsfall benachrichtigt werden können. Der Bevollmächtigte oder Steuerberater kann und sollte in solchen Fällen auch umgehend das Finanzamt informieren, um sofern erforderlich Fristverlängerungen für Steuer-Erklärungen, zu leistende Einkommens- und Umsatzsteuervorauszahlungen  zu beantragen. Auch empfiehlt es sich, bevollmächtigten Personen für den Notfall den Zugriff auf relevante Daten, E-Mail- oder Geschäftskonten zu ermöglichen, Netzwerke und Profile zu pflegen und diese ggf. auch löschen zu können.

Bei BIPAP.BERLIN erhält man auch Tipps, wie man Bevollmächtigten im Notfall den Zugriff auf Logindaten und Passworte gewährleisten kann, die man tunlichst nicht in einem Notfallordner oder einer für jedermann zugänglichen Liste aufführen sollte.

 

 

Digitale Vollmacht

​Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch das Thema der digitalen Vorsorge geworden. Ansonsten kann es für einen selbst, wenn man nach längerer Ausfallzeit bspw. nach einem Unfall wieder gesundet (oder auch für immer zum Pflegefall wird) teuer, kompliziert und zeitaufwändig werden. Das gilt auch im Todesfall für die Erben. Denn wer erbt, erbt auch alle digitalen Verbindlichkeiten des Verstorbenen. Nur Erben ebenso wie Betreuer und Bevollmächtigte müssen natürlich auch in Kenntnis darüber sein, welche digitalen Verbindlichkeiten zu aktiven Lebzeiten des Vollmachtgebers überhaupt bestanden. Daher empfiehlt es sich, nicht nur entsprechende  Vollmachten für alle digitalen Bereiche zu erteilen, sondern auch hier Übersichten anzulegen, aus denen sämtliche Vertragsabschlüsse bei Providern, Netzwerken, Online-Abos usw. hervorgehen. Und es empfiehlt sich auch hier, vorsorglich Personen zu bevollmächtigen, die - wenn man es selbst nicht kann- Netzwerke und Profile weiterpflegen und diese ggf. auch löschen können. Wie man solche Fälle bei Facebook und Google löst, erfährt man Hier .

 

Vorschläge für die digitale Vorsorge / digitale Nachlassregelung findet man im Servicebereich zum Herunterladen. Wichtig zu wissen: Digital-Vollmachten und Testamente müssen muss lt. Rechtsprechung handschriftlich verfasst werden.

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Weitere wichtige Instrumente für die Patientenvertretung:

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>> 2. Betreuungsverfügung

>> 3. Vertreterdokumentation (bei nicht vorhandener Einwilligungsfähigkeit)

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